Einsparpotenzial von Biosimilars bleibt zu drei Vierteln ungenutzt

Berlin. 77 Millionen Euro haben die gesetzlichen Krankenkassen 2016 durch die Umstellung von Biologika auf Biosimilars eingespart. Dies ist jedoch nur ein Viertel des gesamten Potenzials. Bei konsequenter Umsteuerung auf Biosimilars hätten im vergangenen Jahr weitere 214 Millionen Euro eingespart werden können. „Patienten können mit Biosimilars ohne Qualitätsverlust deutlich günstiger versorgt werden. Wie der Blick auf die Umsätze 2016 zeigt, besteht bei den Verordnungszahlen jedoch noch viel Luft nach oben“, so Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).

In den letzten zehn Jahren haben sich die Bruttoumsätze für Biologika mehr als verdoppelt. 2016 erreichten sie ihren bisherigen Umsatzhöhepunkt von 7,8 Milliarden Euro. Somit entfiel im letzten Jahr mehr als jeder fünfte Euro des gesamten GKV-Bruttoumsatzes für Fertigarzneimittel auf diese Gruppe (21,5 Prozent). Ein Großteil der Biologika steht unter Patentschutz, so dass ein Preiswettbewerb nicht möglich ist. Für sieben von ihnen ist der Patentschutz jedoch abgelaufen. Für sie gab es 2016 bereits entsprechende Biosimilars. So bezeichnet man Biologika, die bereits existierenden gentechnologisch hergestellten Arzneimitteln ähneln. Der gesamte Umsatz dieser sieben Biologika belief sich 2016 auf 1,6 Milliarden Euro.

Biosimilars sind im Mittel rund ein Viertel preiswerter als die ehemals patentgeschützten Präparate. Wie häufig Ärzte auf Biosimilars umstellen, unterscheidet sich deutlich zwischen den Wirkstoffen und auch im regionalen Vergleich. So entfallen sieben von zehn Verordnungen bei Epoetin alfa (Biosimilare Zulassung: August 2007) 2016 auf Biosimilars, bei Insulin glargin (Biosimilare Zulassung: September 2014) werden nicht einmal fünf Prozent erreicht. Auch der regionale Vergleich der Umstellungsquoten zeigt deutliche Unterschiede: Im Schnitt über alle Wirkstoffe liegt der Anteil der Biosimilars in den Kassenärztlichen Vereinigungen Brandenburg und Westfalen-Lippe mit über 41 Prozent besonders hoch. Die niedrigste Quote hat Baden-Württemberg mit nur 22 Prozent.

Ein aktueller Leitfaden der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) vom 26. Juli 2017 zeigt, dass nicht nur die Neueinstellung der Patienten auf ein Biosimilar, sondern auch die Umstellung vom Referenzarzneimittel zum entsprechenden Biosimilar unkritisch ist.

„Angesichts der weiteren Biologika, die die pharmazeutische Industrie in der Forschungspipeline hat, muss das vorhandene Potenzial bei den Biosimilars ausgeschöpft werden“, so Helmut Schröder. „Außerdem muss die Frage erlaubt sein, warum Biosimilars im Durchschnitt nur ein Viertel weniger kosten als der ehemalige Patentschutzinhaber.“ Denn neue Biologika hätten im Schnitt viermal höhere Forschungs- und Entwicklungskosten als Biosimilars. Schröder weiter: „Es besteht aktuell die Gefahr, dass trotz Patentauslauf nur wenig Preiswettbewerb ausgelöst wird.“ Damit die hohen Biologika-Umsatzzuwächse der letzten Jahre zukünftig abgebremst werden können, seien neue Lösungsansätze für einen Wettbewerb nach dem Patentauslauf zwingend notwendig.

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