Versorgungs-Report 2013/2014 mit Schwerpunkt „Depression“

Berlin. Der größte Teil aller Depressionsdiagnosen entfällt auf leichte und unspezifische Formen. Das geht aus dem aktuellen Versorgungs-Report des Wissenschaftlichen Instituts der AOK hervor, der sich schwerpunktmäßig mit dem Thema Depression befasst. „Die Diagnosestellung ist beim Krankheitsbild Depression oft schwierig, die Häufigkeitsbestimmung bleibt unscharf“, sagt Prof. Norbert Schmacke von der Universität Bremen und Mitherausgeber des Reports. Am wichtigsten sei es, neue Versorgungskonzepte voranzubringen, die eine rechtzeitige Intervention und flexibilisierte Behandlung ermöglichen.

Die Analysen zu Depressionserkrankungen basieren auf Abrechnungsdaten der 24 Millionen AOK-Versicherten. Dabei wird deutlich: Hinter der Diagnose „depressive Erkrankung“ verbergen sich ganz unterschiedliche Schweregrade. Für fast drei Viertel der depressiven Erstepisoden (73,4 Prozent) ist eine leichte oder unspezifische depressive Episode dokumentiert. Eine mittelgradige oder schwere Depression wird umgekehrt nur in 26,6 Prozent der Fälle festgestellt.

Hochgerechnet auf die deutsche Wohnbevölkerung ab 18 Jahren ergibt sich für 2010 eine Diagnosehäufigkeit von 11,1 Prozent. Die hohe Zahl von leichten und unspezifischen Depressionsformen erklärt Mitherausgeber Prof. Schmacke unter anderem mit der schwierigen Diagnosestellung. „Bei psychischen Störungen ist es meist nicht einfach, zwischen angemessenen Gefühlsreaktionen und krankhaften Störungen zu unterscheiden. Hier gibt es keine Laborwerte oder technischen Untersuchungen zur Krankheitsfeststellung. Temporäre Belastungssituationen oder Trauerreaktionen können schnell mit einer Depressionsdiagnose einhergehen.“

In der Regel werden Patienten mit einer depressiven Episode ambulant versorgt (79,0 Prozent), seltener in einer Klinik (12,0 Prozent) und noch seltener in beiden Bereichen (9,1 Prozent). Eine zentrale Rolle spielen dabei die Hausärzte, denn 64,1 Prozent aller Depressionskranken werden allein von ihrem Hausarzt versorgt, vor allem die Patienten mit unspezifischen Depressionsdiagnosen (75,4 Prozent). Auch schwere Depressionen werden vergleichsweise häufig vom Hausarzt allein behandelt (37,8 Prozent), eine fachspezifische Versorgung, z.B. durch Psychiater oder Nervenärzte, erhalten nur 58 Prozent der Patienten mit schweren depressiven Episoden.

Der Versorgungs-Report zeigt auch auf, welche Behandlungsmöglichkeiten und innovativen Versorgungsansätze für das Krankheitsbild Depression bestehen. Aus Sicht der Herausgeber bestätigen die Übersichtsarbeiten im Buch, dass dem Ansatz einer schrittweisen Intensivierung der Behandlung (stepped care) zentrale Bedeutung zukommt. Schmacke: „Es geht vor allem darum, Patienten im Rahmen eines gestuften Behandlungsplans dem Schweregrad ihrer Erkrankung entsprechend zu behandeln.“ Neben der herkömmlichen Therapie mit Antidepressiva oder Psychotherapie könnten eine Vielzahl weiterer Maßnahmen die Symptomatik lindern, Rückfälle vermeiden oder eine Chronifizierung verhindern. Zu nennen seien beispielsweise psychoedukative Maßnahmen, psychotherapeutische Kurzinterventionen oder auch die internetbasierte Verhaltenstherapie.

Der Versorgungs-Report wird vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) gemeinsam mit Norbert Schmacke von der Universität Bremen und Bernt-Peter Robra von der Universität Magdeburg herausgegeben. Neben den Beiträgen zum Schwerpunktthema Depression enthält der Report diverse weitere Versorgungsanalysen. Im Fokus stehen dabei die Krankheitsbilder Herzinsuffizienz, Typ-2-Diabetes und Rückschmerzen. Weitere Beiträge widmen sich der Versorgung mit Herzkathetern und der Arzneimittelversorgung älterer Patienten. Hinzu kommt ein umfangreicher Statistikteil.

Klauber/Günster/Gerste/Robra/Schmacke (Hrsg.): Versorgungs-Report 2013/2014, Schwerpunktthema: Depression; Schattauer-Verlag, Stuttgart 2014; broschiert; 54,99 €; ISBN 978-3-7945-2929-2

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