Krankenhaus-Report 2025
Schwerpunkt: Versorgung Hochbetagter

Der Krankenhaus-Report 2025 greift das Schwerpunktthema „Versorgung Hochbetagter“ auf. Vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung und des medizinisch-technischen Fortschritts steigt der Anteil hochbetagter Patientinnen und Patienten in den Krankenhäusern. Diese Personen erfordern häufig aufgrund bestehender Multimorbidität besondere Aufmerksamkeit in der stationären Behandlung, von der Aufnahme bis zur Organisation der Anschlussversorgung. Insbesondere durch weitreichende physische, kognitive oder dementielle Einschränkungen entstehen spezielle Anforderungen. In der Folge ist die Versorgung in allen Phasen zeit- und kostenintensiv, will man den Herausforderungen angemessen begegnen.
Inhaltsverzeichnis
Teil I Ausgangslage/Strukturen/medizin-ethische Grundsatzfragen
Alte Menschen im Krankenhaus: Empirische Bestandsaufnahme und Vorausberechnung
Philipp Storz-Pfennig und Franz KrauseDie medizinische Versorgung alter und hochaltriger Patientinnen und Patienten ist von großer Bedeutung, da die Häufigkeit, die Dauer und der Behandlungsaufwand mit dem Alter zunehmen und der Anteil der Älteren an der Bevölkerung steigt. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere Herzinsuffizienz und Muskel-Skelett-Erkrankungen sowie Frakturen und andere Sturzfolgen, sind neben weiteren internistischen Erkrankungen und Beschwerden wie Volumenmangel und gestörtem Elektrolythaushalt in hohen Altersgruppen von großer Bedeutung. Deutliche Unterschiede in der Krankenhausinanspruchnahme diesbezüglich sind zwischen den Bundesländern erkennbar. Prognosen auf demographisch hochgerechneter Basis über zukünftige Fallzahlen und Aufwände zeigen, dass die etwa für das Jahr 2050 erwarteten Fallzahlen nach einigen Modellen nicht oder nur begrenzt über denen bis zum Jahre 2019 erreichten Werten liegen könnten. Die Ergebnisse machen dennoch deutlich, dass unter Berücksichtigung der zukünftigen Entwicklung von Morbidität und Behandlungsmöglichkeiten auch Krankenhausstruktur, Finanzierung und Entgeltsystem anzupassen sind, um langfristig eine bedarfsgerechte Versorgung sicherzustellen. Hierbei sind auch die in dieser Übersichtsdarstellung nicht im Einzelnen berücksichtigten spezifischen Versorgungsentwicklungen in Bezug auf ambulante Behandlungsmöglichkeiten, neue Versorgungsformen z. B. in der Geriatrie oder Palliativmedizin von Bedeutung.
Erkrankungshäufigkeiten und die Inanspruchnahme des Gesundheitssystems alter und hochbetagter Menschen im Überblick
Caroline Schmuker, Jozef Leporis und Christian GünsterDer vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über wichtige Kennzahlen in der medizinischen Versorgung älterer Menschen. Er berichtet über häufig dokumentierte Behandlungsdiagnosen und beschreibt, auf welche Weise die Bevölkerungsgruppe 65+ Leistungen des Gesundheitswesens in Anspruch nimmt. Grundlage der deskriptiven Darstellung sind die bundesweiten Abrechnungsdaten aller AOK-Versicherten aus dem Jahr 2023, die auf die deutsche Wohnbevölkerung standardisiert und hochgerechnet wurden. Die Darstellung berücksichtigt ambulant und stationär dokumentierte Behandlungsdiagnosen sowie die Inanspruchnahme von vier zentralen Versorgungsbereichen: Krankenhausbehandlung, ambulant-ärztliche Behandlung, Arzneimittel- und Heilmittelbehandlung. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass das Krankheitsspektrum der Bevölkerung direkten Einfluss auf die Versorgungssituation im Krankenhaus und die Verteilung begrenzter Ressourcen im Gesundheitswesen hat. Abschließend wird untersucht, welchen Anteil der Krankenhaussektor an den Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung hat, wie sich diese Gewichtung im Alter verändert und welche Leistungsbereiche besonders stark von einem Anstieg der durchschnittlichen Ausgaben pro Person im höheren Alter betroffen sind.
Messung des Einflusses einer alternden Bevölkerung und anderer nachfrageseitiger Determinanten auf die Inanspruchnahme stationärer Leistungen
Jonas Krämer und Jonas SchreyöggIn diesem Beitrag erfolgt eine Erläuterung und Einordnung aktueller Methoden und Studien zur Schätzung des Effekts der Alterung der Bevölkerung und anderer nachfrageseitiger Faktoren auf die stationären Ausgaben bzw. die Fallzahlentwicklung. Zur Illustration der Vorgehensweise werden auch Ergebnisse einer Studie vorgestellt und diskutiert, die diesen Effekt für die Phase des starken Fallzahlanstiegs in Deutschland untersucht hat. Die Ergebnisse der Studien zeigten, dass Veränderungen der Morbidität den größten Einfluss auf Veränderungen der Krankenhausfallzahlen hatten. Veränderungen in der Größe der überlebenden Bevölkerung hatten den zweitgrößten Einfluss, während Veränderungen in der Größe der Bevölkerung am Lebensende den geringsten Einfluss hatten. Die dominierende Rolle der Morbidität als Hauptfaktor für Krankenhausfallzahlen wurde auch durch andere aktuelle Studien bestätigt. Die Veränderungen der nachfrageseitigen Determinanten, d. h. Morbidität, überlebende Bevölkerung und Bevölkerung am Lebensende, erklärten insgesamt einen Anteil von 21,5% des Fallzahlanstiegs im betrachteten Zeitraum. Die Ergebnisse zeigen, dass der Großteil der Veränderungen in der Inanspruchnahme nicht durch nachfrageseitige Faktoren, u. a. die demographische Entwicklung, verursacht wird, sondern von der Angebotsseite ausgeht. Daher sollten sich Entscheidungsträger stärker als bisher auf angebotsseitige Anreize konzentrieren.
Alterung der Bevölkerung und Nachfrage Hochbetagter nach Krankenhausbehandlung
Friedrich BreyerDie Bevölkerung Deutschlands altert zusehends, sodass der Anteil der „Hochbetagten“, hier definiert als der über 80-Jährigen, bis zum Jahr 2040 um die Hälfte zunehmen wird. Was bedeutet dies für die Nachfrage Hochbetagter nach Krankenhausbehandlung und nach (stationären) Pflegeleistungen? In diesem Beitrag werden empirische Befunde zu zwei Hypothesen gesichtet, nämlich der „Kompression der Morbidität“, nach der mit der Lebenserwartung vor allem die gesund verbrachten Jahre zunehmen, und der Red-Herring-Theorie, nach der die höchsten Gesundheitsausgaben kurz vor dem Tod entstehen und, da jeder nur einmal stirbt, die Alterung an sich nicht kostenträchtig ist. Für beide Thesen finden sich jedoch kaum empirische Belege. Im Gegenteil: Seit der Jahrtausendwende sind in Deutschland sowohl die Krankenhaushäufigkeit als auch der Anteil Pflegebedürftiger unter den Hochbetagten gestiegen, und wenn sich dieser Trend fortsetzen sollte, so stehen in den kommenden Jahrzehnten drastische Anstiege sowohl der Gesundheits- als auch der Pflegeausgaben bevor, die die Finanzierbarkeit des deutschen Sozialstaats vor große Herausforderungen stellen.
Geriatrische Versorgung im Krankenhaus im Spiegel von Vergütung, Planung und Regulierung
Matthias Meinck, Friedemann Ernst und Norbert LübkeDer Betrag erläutert Stand und Perspektiven der geriatrischen Krankenhausversorgung und macht Vorschläge für die weitere Entwicklung. Geriatrische Leistungen sind mittlerweile in allen Bundesländern flächendeckend an Krankenhäusern verfügbar. Das DRG-System hat jedoch Fehlanreize etabliert, die zu Über- und Unterversorgung mit geriatrisch frührehabilitativen Leistungen führen und korrigiert werden sollten. Der ganz überwiegende Anteil geriatrischer Patienten wird im Krankenhaus jedoch ohne geriatrische Versorgungsbeteiligung vor allem in internistischen und chirurgischen Abteilungen behandelt, obwohl die Notwendigkeit einer abteilungsübergreifenden und kooperativen geriatrischen Versorgung besteht, wie sie bisher nur in der Alterstraumatologie zunehmend umgesetzt wird. Geriatrische Patienten benötigen zudem häufig im Anschluss an akutmedizinische Behandlungen weiterführende Rehabilitation, die bisher nicht bundesweit kohärent umgesetzt wird. Neben dem Ausbau stationärer und mobiler geriatrischer Rehabilitation könnte die Bündelung teilstationärer Krankenhaus- und ambulanter Rehabilitationsleistungen zu einem bundesweit einheitlichen ambulant-rehabilitativen geriatrischen Angebot in Deutschland führen und dabei die Sektorenkopplung fördern.
Alte Menschen in der intensivmedizinischen Versorgung: Herausforderungen und Perspektiven
Nick Weidner, Ralf Kuhlen und Heinrich GroesdonkDie alternde Bevölkerung stellt die Intensivmedizin vor wachsende Herausforderungen. Rund 60% der intensivmedizinisch behandelten Patientinnen und Patienten in Deutschland sind älter als 65 Jahre, ein erheblicher Anteil davon über 80 Jahre. Multimorbidität, Polypharmazie und das Syndrom der Gebrechlichkeit (Frailty) erfordern eine individualisierte Therapie und interdisziplinäre Zusammenarbeit. Geriatrische Assessments und Frailty- Scores haben sich als nützliche Instrumente für die Therapieplanung erwiesen. Shared Decision-Making und frühzeitige Integration der Palliativmedizin tragen zur Verbesserung der Lebensqualität bei. Technologische Innovationen wie KI-gestützte Prognosemodelle und tragbare Überwachungssysteme bieten zusätzliches Potenzial zur Optimierung der Ressourcenallokation. Dieser Artikel beschreibt wissenschaftlich fundiert die Herausforderungen, ethischen Implikationen und Lösungsansätze in der intensivmedizinischen Versorgung älterer Menschen und bietet Perspektiven für eine nachhaltige Weiterentwicklung.
Teil II Management und Prozesse
Demenz als pflegerische Herausforderung im Krankenhaus
Sabine Kirchen-PetersKrankenhäuser sehen sich mit der Anforderung konfrontiert, in zunehmendem Maße Menschen mit Demenz zu behandeln. Wie aus Modellprojekten und Evaluationen hervorgeht, stellt das Krankenhaus mit seinen Rahmenbedingungen jedoch ein geradezu demenzförderndes Milieu dar. Menschen mit Demenz, die im straff organisierten Krankenhausalltag ohne Beschäftigung und Ansprache auf sich alleine gestellt sind, zeigen häufig z. B. ein so genanntes herausforderndes Verhalten, das für alle Beteiligten zur nervlichen Zerreißprobe werden kann und für die Patientinnen und Patienten nicht selten mit gravierenden Folgen verbunden ist. Vor dem Hintergrund der steigenden Belastung des klinischen Personals ist der Handlungsbedarf groß. Für die Etablierung demenzsensibler Handlungskonzepte in Krankenhäusern gibt es aber keine einfachen Rezepte. Ein wesentlicher Schritt besteht darin, die Handlungssicherheit der Beschäftigten im Umgang mit Menschen mit Demenz zu stärken. Neben Fragen des allgemeinen Umgangs und der Anpassung kommunikativer Techniken sind spezielle Empfehlungen für den Umgang mit herausforderndem Verhalten sowie für das Ernährungs- und Schmerzmanagement hilfreich. Die Leitungskräfte nehmen für einen geregelten Wissensaufbau über die bestehenden Fachkonzepte eine Schlüsselrolle ein. Zudem sind sie gehalten, für einen sukzessiven Aufbau und eine nachhaltige Etablierung demenzsensibler Strukturen und Prozesse Sorge zu tragen.
Zentrale Notaufnahmen und alte Menschen: besondere Herausforderungen und Bedarfe
Katrin Singler und Harald DormannDie demographische Entwicklung verändert die Anforderungen an eine qualitativ hochwertige und den Bedürfnissen älterer Menschen entsprechende Notfallversorgung. Die Thematik dieser vulnerablen Patientengruppe, die einen großen Anteil aller Notaufnahmepatientinnen und -patienten in Deutschland ausmacht, rückt mehr und mehr in den Fokus, trotzdem fehlen bundesweite Konzepte. Der Beitrag gibt einen wissenschaftlich fundierten Überblick über die Unterschiede älterer Notfallpatienten im Vergleich zu Jüngeren und geht auf die damit einhergehenden Herausforderungen in der Versorgung ein. Neben der oft unspezifischen Symptomatik, werden die Themen Frailty und Arzneimittelsicherheit als multidimensionale Risikofaktoren erläutert und innovative Behandlungsstrategien anhand bisheriger Erkenntnisse diskutiert.
Polypharmakotherapie und digitales Medikamenten-Management
Petra ThürmannMehr als die Hälfte der gesetzlich Versicherten über 65 Jahre nimmt täglich mindestens fünf verordnete Medikamente ein (Polypharmakotherapie, Polypharmazie) und ist den damit verbundenen Risiken für Nebenwirkungen, einer erhöhten Hospitalisierungsrate und Mortalität exponiert. An den Sektorenübergängen zwischen ambulant und stationär kommt es gerade bei Polypharmazie zu Informationsverlusten und somit zu unbeabsichtigten Veränderungen der Medikation, was oftmals zu weiteren Komplikationen führt. Ein Medikationsplan ist bei Aufnahme oftmals nicht vorhanden und/oder kann nicht in das elektronische Krankenhausinformationssystem eingelesen werden. Im Krankenhaus sind eine elektronische Verordnung mit Softwareunterstützung oder Stationsapotheker noch nicht die Regel. Ein Closed Loop Medication Managementkönnte zahlreiche Fehler vermeiden. Für eine Abschätzung zwischen den erheblichen Anschaffungs- und Implementierungskosten und dem erwarteten Nutzen gibt es leider noch keine sehr gute Evidenz.
Management des postoperativen Delirs (POD) im Krankenhaus: Probleme und Lösungsoptionen
Fatima Halzl-Yürek, Maurice Breithaupt, Antje Kirchstein, Andreas Hölscher, Laerson Hoff, Franziska Braune und Claudia SpiesEin systematisches Delirscreening ist entscheidend, um das Delir frühzeitig zu erkennen und die entsprechende Behandlung einzuleiten. Die meisten nationalen und internationalenb Leitlinien fordern ein solches Screening für alle Risikopatienten, mindestens einmal pro Schicht. Ohne regelmäßiges Screening bleibt das Delir unerkannt, was zu erhöhten Komplikationen, Mortalität und Morbidität führen kann. Es ist essentiell, die Defizite in der Versorgung zu identifizieren und gezielt zu investieren, um ein effektives Management des postoperativen Delirs zu etablieren. Die zentrale Frage bleibt, wie diese Transformation erfolgreich und nachhaltig gestaltet werden kann, um die Patientenversorgung zu verbessern.
Der Transformationsprozess zur Implementierung evidenzbasierter Leitlinienempfehlungen, wie im Qualitätsvertrag der Charité beschrieben, zielt darauf ab, eine Leitlinienadhärenz von mindestens 80%zu erreichen. Dies führte zu niedrigeren Inzidenzraten von Delir, weniger Komplikationen und einer kürzeren Verweildauer im Krankenhaus ebenso wie geringerer Pflegebedürftigkeit nach Entlassung. Der Prozess wurde bereits als erfolgreich dokumentiert und dient als Beispiel für die Umsetzung solcherMaßnahmen in der stationären Versorgung.
Um langfristige Finanzierungslücken nach Ablauf zeitlich begrenzter Qualitätsverträge zu schließen, wird mit dem Projekt „Digitalisierte klinische Entscheidungsunterstützung zur P ävention des postoperativen Delirs“ (Digi- POD) ein klinisches digitales Entscheidungsunterstützungssystem (CDSS) entwickelt, das an vier Studienzentren erprobt wird und eine Echtzeit-Rückmeldung zur Leitlinienadhärenz ermöglicht. Das Projekt zielt darauf ab, die Patientensicherheit zu erhöhen, die Effizienz in der klinischen Versorgung zu steigern und die Integration von Patientenperspektiven durch Kooperationen mit verschiedenen Interessengruppen zu fördern.
Versorgung von Pflegeeinrichtungsbewohnern in Krankenhäusern: Über-, Unter- und Fehlversorgung
Benedikt Simon und Marco WalkerDas deutsche Versorgungssystem ist durch viele Fehlanreize geprägt, die in der Kombination mit suboptimalen Versorgungsprozessen und zunehmender Ressourcenknappheit zu Über-, Unter- und Fehlversorgung führen. Dies erfährt eine besondere Dramatik in der Versorgung von Bewohnern von Pflegeeinrichtungen, die sich durch herausgehobene Vulnerabilität und Versorgungsbedarfe auszeichnen. Fehlversorgungen, wie z. B. unnötige Kontakte zu Notaufnehmen oder gar unnötige Krankenhausaufnahmen, sind für diese besonders schützenswerte Population in einem besonderen Maße physisch wie psychisch belastend. Diese sollten daher nicht nur aus ökonomischer, sondern auch aus ethischer Sicht verhindert werden. Über-, Unter- und Fehlversorgungen im herkömmlichen Regelversorgungssystem könnten an vielen Stellen durch digital unterstützte Versorgungsinnovationen ausgeglichen werden. Jedoch ist Deutschland deutlich langsamer in der Adaption und Implementierung von Versorgungsinnovationen als andere Länder. Um systematisch die Versorgungsqualität zu steigern und Versorgungskosten zu senken, bedarf es letztendlich aber nicht nur der Einführung von Versorgungsinnovationen, von denen wir in diesem Beitrag einige aufzeigen, sondern letztendlich der Überwindung des Systems der Einzelleistungsvergütung mit seinen Fehlanreizen.
Die Versorgung älterer Patienten im Kontext der Ausweitung ambulanter Operationen
Jana Hagenlocher, Silke Arnegger, Jule Craayvanger, Ingo Neupert und Christian Schütte-BäumnerIm Rahmen der Diskussion um die Ausweitung des ambulanten Operierens in Deutschland stellen ältere Menschen eine besonders relevante Zielgruppe dar. Zum einen steigt aufgrund des demographischen Wandels und der zunehmenden Zahl älterer Menschen der Bedarf an operativen Eingriffen. Zum anderen bieten ambulante Operationen für ältere Patientinnen und Patienten erhebliche Vorteile, da die mit einem Krankenhausaufenthalt verbundenen Risiken im ambulanten Setting deutlich reduziert werden können. Die Diskussion um eine stärkere Ambulantisierung konzentriert sich in Deutschland bislang vor allem auf ökonomische und strukturelle Aspekte, während die Perspektive der Patientinnen und Patienten häufig nur unzureichend berücksichtigt wird. Der vorliegende Beitrag untersucht die Bedeutung sozialer Unterstützung in diesem Zusammenhang und stellt ein Erhebungsinstrument vor, das die Sicht älterer Menschen auf ambulante Operationen erfasst. Es werden zentrale Einflussfaktoren identifiziert und Handlungsempfehlungen für eine patientenorientierte Weiterentwicklung von Versorgungsstrukturen abgeleitet. Diese sind als Vorstufe einer adäquaten Vergütungsentscheidung zu werten und führen in der Folge zu notwendigen Strukturierungsprozessen.
Kliniksozialdienst und Entlassmanagement: Besondere Herausforderungen im Umgang mit älteren und hochbetagten Menschen
Martina Schäufele und Ingrid HendlmeierÄltere und vorrangig hochbetagte Patientinnen und Patienten in stationärer Behandlung stellen Kliniksozialdienste und Entlassmanagement vor besondere Herausforderungen. Nach den Ergebnissen einer Allgemeinkrankenhausstudie (GHoSt) und anderen Befunden weist diese Patientengruppe überproportional häufig Risikofaktoren für Komplikationen, Versorgungsbrüche und -lücken während und nach dem Klinikaufenthalt auf. Zu den wichtigsten Risikofaktoren zählen neben sozialen Faktoren Multimorbidität, Pflegebedürftigkeit und vor allem komorbide Demenzen. Die GHoSt-Ergebnisse zeigen ferner, dass Allgemeinkrankenhäuser derzeit keine den Bedarfen entsprechende psychosoziale und demenzspezifischeVersorgung für die vulnerablen Patienten und ihre Angehörigen leisten können. Eine Stärkung der Kliniksozialdienste und des Case- und multiprofessionellen Entlassmanagements (einschließlich existierender Erweiterungen und Assessments zur Identifikation von Risikopatienten) erscheint deshalb dringend geboten.
Teil III Versorgungsschnittstellen
Stationäre Geriatrische Rehabilitation: Bestandsaufnahme und kritischeWürdigung
Stefan Grund und Clemens BeckerDie postakute stationäre Geriatrische Rehabilitation ist eine wirksame Therapieform für ältere Patienten mit funktionellen Defiziten durch chronische Dekonditionierung oder akuter Erkrankung. Durch das Rehabilitationsstärkungsgesetz und die aktualisierte Reha- Richtlinie soll die Anmeldung zur Geriatrischen Rehabilitation erleichtert werden, jedoch führt das aktuell integrierte und nicht ausreichend validierte SINGER-Patientenprofil derzeit noch zu Kontroversen. Gleichzeitig steht die Geriatrische Rehabilitation aus gewachsenen Strukturgründen weiterhin nicht in allen Bundesländern gleichermaßen zur Verfügung und ist auch postpandemisch hinsichtlich der Bettenkapazitäten nicht ausreichend. Aufgrund des Nutzens der Geriatrischen Rehabilitation sollte jedoch ein deutlicherer Fokus auf die strukturelle Stabilisierung und den sukzessiven Ausbau von Versorgungskapazitäten/ -angeboten der Geriatrischen Rehabilitation in Deutschland gelegt werden.
Krankenhausversorgung älterer Menschen im internationalen Vergleich – ein Expertenblick auf die Policy-Entwicklungen in Dänemark, den Niederlanden und in der Schweiz
Clemens Becker und Melissa BöttingerDie Versorgung älterer Menschen im deutschen Gesundheitssystem muss sich ändern. Im Vergleich mit den Ergebnissen der unmittelbaren Nachbarländer zeigt sich, dass bei deutlich höheren Kosten insgesamt schlechtere Ergebnisse erzielt werden. Die Lebenserwartung in der Schweiz, den Niederlanden und Dänemark ist deutlich höher als in Deutschland. Die Verweildauer im Krankenhaus ist hierzulande deutlich länger. Im Verhältnis zu den Nachbarn ist der Bereich der ambulanten Versorgung im Vergleich zur stationären Versorgung unterfinanziert. Die Kosten der medikamentösen Therapie liegen um mehr als 30% höher als in den Nachbarregionen. Die in Planung befindliche Krankenhausreform greift hier zu kurz. Es bedarf einer intersektoralen weitreichenden Reform; insbesondere muss die prä-stationäre und post-stationäre Behandlung grundlegend anders organisiert werden. Anders als in den Nachbarländern wird digitale Medizin bislang kaum genutzt; Video-Konsultationen und andere Formen der Telemedizin werden unzureichend eingesetzt. Deutschland ist weit davon entfernt, die Potenziale der künstlichen Intelligenz zur Verbesserung der Versorgung einzusetzen. Zudem gelingt es in den Nachbarländern zunehmend, Prävention in die medizinischen Behandlungsverläufe zu integrieren. Es ist nur schwer nachzuvollziehen, dass es kaum gelingt, erfolgreiche Innovationen im Medizinbereich der Nachbarländer ausführlicher zu analysieren und in Deutschland zu implementieren.
Ambulant-sensitive Krankenhausfälle: Fokus alte Menschen
Philipp Hengel, Ulrike Nimptsch und Reinhard BusseAmbulant-sensitive Krankenhausfälle (ASK), also durch eine adäquate ambulante Versorgung potenziell vermeidbare stationäre Aufnahmen, werden seit einigen Jahren als Maß für den Zugang zu und die Qualität ambulanter Versorgung sowie die Effizienz an der ambulant-stationären Schnittstelle diskutiert. In diesem Beitrag werden anhand ausgewählter Diagnosen für den Zeitraum 2017 bis 2022 ASK-Raten für Deutschland im europäischen Vergleich dargestellt sowie Charakteristika der Krankenhausfälle ab 80 Jahren näher betrachtet. Dazu wurde die DRG-Statistik des Statistischen Bundesamtes als Vollerhebung der akutstationären Fälle im DRG-Bereich sowie Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung analysiert. Im Vergleich zum Durchschnitt der Nachbarländer weist Deutschland 1,2- (COPD) bis 5-fach (Hypertonie) höhere ASK-Raten pro Bevölkerung ab 15 Jahren auf. Zwar sanken die Raten in den Pandemiejahren 2020/21 und bewegten sich 2022 weiterhin unter den Werten von 2019, jedoch verringerte sich der relative Abstand zu den Vergleichsländern dabei nicht. Der Anteil der Hochaltrigen stieg aufgrund der demographischen Entwicklungen auf zuletzt knapp die Hälfte der ASK-Fälle an, die Raten pro Bevölkerung entwickelten sich bei den Hochaltrigen jedoch ähnlich wie bei den Erwachsenen insgesamt. Die hochaltrigen ASK-Fälle zeichnen sich durch überdurchschnittlich häufige Aufnahmen als (administrativer) „Notfall“ und Aufnahmen abends/nachts
sowie am Wochenende aus, werden unterdurchschnittlich oft weiterverlegt und haben meist kurze Verweildauern. Hier zeigen sich jedoch variierende Muster zwischen den Krankheitsbildern, die Hinweise auf unterschiedliche Entwicklungspotenziale geben können. Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund der (post-)pandemischen Entwicklungen sowie aktueller politischer Rahmenbedingungen mit Blick auf mögliche Entstehungshintergründe und Handlungsoptionen diskutiert.
Schnittstelle Krankenhausbehandlung und Langzeitpflege: potenziell vermeidbare Krankenhausfälle
Susann Behrendt, Chrysanthi Tsiasioti und Antje SchwingerLaut amtlicher Pflegestatistik waren 2023 rund 5,7 Mio. Menschen in Deutschland pflegebedürftig. Sie kennzeichnet eine i. d. R. erhöhte Morbidität und Vulnerabilität. Aufenthalte im Krankenhaus sind häufig. Gleichsam sind diese Transfers von der Häuslichkeit bzw. vom Pflegeheim in ein Krankenhaus oftmals insbesondere bei Betagten mit somatischen und psychischen Belastungen und bei einer vorliegenden dementiellen Erkrankung mit kognitiven Verschlechterungen assoziiert. Eine sorgsame und individuelle Abwägung von Nutzen und Risiken eines Krankenhausaufenthalts stellt damit eine zentrale Versorgungsentscheidung dar. Die Fragen nach der Vermeidbarkeit eines Transfers ins Krankenhaus und entsprechenden Versorgungsalternativen sind grundlegend. Der vorliegende Beitrag nähert sich auf Basis der Diagnoselistung für die sogenannten Pflegeheim-sensitiven Krankenhausaufenthalte (PSK) einer Schätzung der Häufigkeit potenziell vermeidbaren Hospitalisierungen bei Pflegebedürftigen und verwendet hierbei anonymisierte Abrechnungsdaten der AOK-Kranken- und Pflegekassen. Die Analyse zeigt: hochgerechnet auf die Pflegebedürftigen der Gesamtbevölkerung sind 36% aller Krankenhausfälle von Pflegebedürftigen durch eine PSK-Hauptdiagnose begründet. Neben abgeleiteten Optimierungsbedarf, vor allem in der ambulant-ärztlichen Versorgung von Pflegebedürftigen besteht Forschungsbedarf. Denn: die PSK-Listung wurde grundsätzlich für die Zielgruppe der Pflegeheimbewohnenden entwickelt. Die ambulant Gepflegten jedoch bilden den weitaus größten Teil der Pflegebedürftigen in Deutschland.
Teil IV Versorgungsforschung
Palliativversorgung alter Menschen im Krankenhaus
Bernd-Oliver MaierDie Situation der Palliativbehandlung alter Menschen im Krankenhaus ist aufgrund der aktuellen Datengrundlage nur vage zu beschreiben. Es ist davon auszugehen, dass bundesweit weiterhin ein Mangel an palliativmedizinischen Einrichtungen im Krankenhaus besteht. Darüber hinaus sind nur in wenigen Einrichtungen Prozesse implementiert, die überhaupt eine systematische Bedarfserhebung oder Bedürfniserfassung insbesondere hochaltriger Menschen im Kontext palliativmedizinischer Behandlungsindikation adressieren. Fehlende Evaluation von Pilotprojekten, Fachkräftemangel und regelhaft zu beobachtende Fehlversorgung erschweren die Weiterentwicklung palliativmedizinischer Versorgungstrukturen für hochbetagte Menschen. Ein besonders schwieriges Hindernis stellt auch der Übergang über die Sektorengrenzen dar. Die systematische Datenanalyse auch von realen Versorgungsdaten und die unabhängige und wissenschaftlich fundierte Begleitung auch von kleineren Pilotprojekten wäre ein wichtiger methodischer Ansatz, um zeitnah und zielgerichtet Antworten für die bestehenden Herausforderungen zu finden.
Fragilitätsfrakturen: Empirische Bestandsaufnahme, Ursachen und Hintergründe sowie Handlungsempfehlungen
Jan Wulf, Carsten Schöneberg und Carl NeuerburgZunehmend häufiger präsentieren sich Patienten nach Niedrigenergietraumata bzw. Sturz aus dem Stand mit immobilisieren Schmerzen in den Kliniken. Frakturen bei den überwiegend geriatrischen Patienten werden aufgrund des inadäquaten Traumamechanismus dann oft als Fragilitätsfrakturen bezeichnet. Die Fragilität und Vulnerabilität dieser geriatrischen Patienten, die häufig durch diverse Begleiterkrankungen (Komorbiditäten) sowie zugrundeliegende Medikamente (Polypharmazie) und Gebrechlichkeit verursacht wird, erhöht das Risiko für Stürze und gesundheitliche Komplikationen im Verlauf, wobei Osteoporose- assoziierte Frakturen eine große Herausforderung darstellen. In Deutschland machen Osteoporose-assoziierte Frakturen den überwiegenden Anteil der Frakturen aus, wobei insbesondere Frauen von Osteoporose betroffen sind. Zu den häufigsten Fragilitätsfrakturen zählen Becken-/Wirbelkörperfrakturen, proximale Femurfrakturen (Hüftfrakturen), proximale Humerusfrakturen sowie distale Radiusfrakturen.
Die Behandlung umfasst sowohl konservative als auch operative Maßnahmen, wobei die Wahl der Therapie oft vom Frakturtyp und dem Aktivitäts-/Mobilisationslevel der Patienten abhängt. Ein bedeutendes Problem ist der Circulus vitiosus der Fragilität, bei dem eine Fraktur zu weiterer Immobilität und Muskelabbau führt, was die Fragilität verstärkt. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen bzw. dem drohenden Verlust von Aktivität und Selbstständigkeit vorzubeugen, sind umfassende Präventions- und Rehabilitationsstrategien erforderlich in Form einer interdisziplinären alterstraumatologischen Versorgung. In Deutschland sind in den letzten zehn Jahren zunehmend zertifizierte Alterstraumazentren etabliert worden und zur Absicherung der interdisziplinären, ganzheitlichen Versorgung auch G-BA-Richtlinien z. B. bei Patienten mit Hüftfrakturen verabschiedet worden. Dennoch weist die Versorgungskette Schwächen insbesondere in der sekundären Frakturprävention auf, die zu einer hohen Rate an nicht erkannten oder unzureichend behandelten Osteoporose-Fällen führt. Fracture Liaison Services (FLS) bieten einen vielversprechenden Ansatz zur Verbesserung der Versorgung und Einleitung einer weiterführenden osteologischen Therapie, indem sie eine kontinuierliche Nachsorge sicherstellen. Die Implementierung solcher Programme kann sowohl die Rate von Folgefrakturen senken als auch die langfristigen Gesundheitskosten und Mortalität reduzieren. Um die Herausforderungen der alternden Bevölkerung und die wirtschaftlichen Belastungen durch Osteoporose zu bewältigen, sind präventive Maßnahmen, eine optimierte Patientenversorgung und fortlaufende Versorgungsforschung unerlässlich.
Versorgung älterer Personen im Krankenhaus in Zeiten der Pandemie
Carolina Pioch, Ulrike Nimptsch und Reinhard BusseDie Covid-19-Pandemie führte in Deutschland zu erheblichen Veränderungen in der Krankenhausversorgung. Dies wirft die Frage auf, inwieweit ältere Personen von einer veränderten Versorgung betroffen waren. Dieser Beitrag betrachtet daher die stationäre Versorgung von Personen ab 80 Jahren und vergleicht diese mit jüngeren Altersgruppen im Zeitraum von 2019 bis 2023. Untersucht wurden Veränderungen der Fallzahlen sowie der Krankenhaussterblichkeit für ausgewählte akute Behandlungsanlässe sowie die Verteilung der häufigsten Behandlungsanlässe bei älteren Personen. Es zeigt sich, dass die Gesamtzahl der Krankenhausbehandlungen in Deutschland zwar abnahm, die Behandlungszahlen bei Personen ab 80 Jahren jedoch aufgrund des Bevölkerungswachstums in dieser Altersgruppe weitgehend stabil blieben. Im Vergleich zu jüngeren Altersgruppen waren die bevölkerungsbezogenen Fallzahlrückgänge in der Altersgruppe ab 80 Jahren nur in Bezug auf Herzinfarktbehandlungen ausgeprägter, während die Fallzahlen anderer Behandlungsanlässe wie beispielsweise Hüftfraktur oder Pneumonie zunahmen. Unter den häufigsten Behandlungsanlässen bei Personen ab 80 Jahren fanden sich viele ambulant-sensitive Diagnosen, was auf mögliche Optimierungspotenziale in der Versorgung im häuslichen Umfeld hindeutet. Angesichts der demographischen Entwicklung ist ein weiterhin steigender Versorgungsbedarf von älteren Personen zu erwarten, der neue oder optimierte Versorgungskonzepte erfordern.
Klima und die Krankenhausversorgung alter Menschen
Elke Hertig, Mathias Schlögl, Bastian Wein und Pablo Escrihuela BranzHerausforderungen in der Versorgung von Patientinnen und Patienten treten insbesondere dann auf, wenn Ereignisse in kurzer Zeit zu einer starken Zunahme der Krankenhausaufnahmen führen. Durch die progredienten Effekte des anthropogenen Klimawandels kommt es vermehrt zu Hitzewellen und -perioden. Städtische Regionen sowie der Südwesten und Osten der Bundesrepublik sind verstärkt thermischer Belastung ausgesetzt. Diese trifft besonders die vulnerablen Gruppen älterer Menschen und führt zu vermehrten Krankenhauseinweisungen. Um diese Personen zu schützen, benötigen die Einrichtungen eine ganzheitliche Betreuung sowie eine Schulung des Personals. Diese Anpassung umfasst bauliche und technische Maßnahmen, die Förderung ausreichender Trinkmengen und ggf. Anpassungen der Medikation. Zusätzlich ist ein sowohl auf kommunaler Ebene als auch innerhalb der Krankenhäuser abgestimmter Maßnahmenplan unverzichtbar, um in akuten Situationen eine schnelle und kompetente Lösungsstrategie umzusetzen und die Bevölkerung vor Hitzeereignissen zu warnen.
Teil V Zur Diskussion
Empirische und ordnungspolitische Analyse der Krankenhausinsolvenzen
Adam Pilny, Andreas Beivers, Boris Augurzky und Jürgen MalzahnInsolvenzen von Kliniken sind in Deutschlandein kontrovers diskutiertes Thema sowie ein mit Sorge beobachtetes Phänomen, das seitdem Jahr 2022 präsenter ist. Dabei gilt es festzuhalten, dass sich die Art und die Gründe der jeweiligen Insolvenz von Standort zu Standort unterscheiden. Die Analyse zu Klinikinsolvenzen bringt einerseits erwartbare und andererseits schwierig zu interpretierende Ergebnisse zum Vorschein. Bei den insgesamt 61 Klinikstandorten, die zwischen Juli 2022 und Oktober 2024 ein Insolvenzverfahren angemeldet haben, kam es bisher in summa zu 13 Standortschließungen. Ab Sommer 2023 nahm das Auftreten von Insolvenzen spürbar zu und erreichte zu Beginn des Jahres 2024 ein neues Hoch. In 66% der Fälle wurde (i) eine Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt, gefolgt von (ii) einem Regelinsolvenzverfahren (18 %) und (iii) einem Schutzschirmverfahren (16 %). Trägerschaft und Größe haben einen messbaren Einfluss auf die Insolvenzwahrscheinlichkeit. Bei den sozio-ökonomischen Indikatoren zeigt sich dagegen ein heterogenes und widersprüchliches Bild, sodass zum jetzigen Forschungsstand keine Aussage darüber getroffen werden kann, ob Klinikinsolvenzen zu einer Vergrößerung von sozio-ökonomisch bedingten Versorgungsunterschieden in Deutschland beitragen. Aber auch die ordnungspolitische Betrachtung der Subventionierung von öffentlichen Klinikträgern kann als kritisch betrachtet werden. Die Klage von Agaplesion könnte dabei weitreichende Auswirkungen auf die Praxis der kommunalen Subventionierung haben, da sie ein Grundsatzurteil zu einer national und international üblichen Finanzierungspraxis anstrebt. Eine Lösung kann in transparenteren Finanzierungsmodellen und klaren Anreizen für Effizienzsteigerungen liegen, und dies sektorenunabhängig.
Standortbestimmung von integrierten Notfallzentren
Kathleen Lehmann, Daniela Männicke, Charlotte Vogt, Kerstin Bockhorst und Julian DillingGesundheitliche Probleme treten oft unerwartet auf. Viele Menschen wissen nicht, wie sie sich in einem Akut- oder Notfall verhalten sollen, wenn sie abends, nachts oder an den Wochenenden medizinische Hilfe benötigen – zu Zeiten, in denen die Arztpraxen geschlossen sind. Zudem können viele Patientinnen und Patienten nicht einschätzen, wie dringlich ihr Anliegen unter medizinischen Gesichtspunkten tatsächlich ist. Diese Gemengelage trifft auf ein unzureichend strukturiertes deutsches Gesundheitssystem, das Doppelstrukturen in der Notfallversorgung vorhält. So versorgen Krankenhäuser ambulante und stationäre Patienten 24 h am Tag. Ambulante Akutpatienten werden zu den Sprechstundenzeiten in den Arztpraxen behandelt. Zu den sprechstundenfreien Zeiten gibt es den ärztlichen Bereitschaftsdienst. Allerdings ist dieser vielen Menschen unbekannt und oft schlecht aufgestellt. Im Ergebnis nehmen zu viele Menschen mit leichten Beschwerden die Notaufnahmen in Anspruch, weswegen diese überlastet sind. Für eine bessere Patientensteuerung ist daher seitens des Gesetzgebers geplant, an ausgewählten Krankenhäusern den ärztlichen Bereitschaftsdienst mit der Notaufnahme in einem sogenannten Integrierten Notfallzentrum zu vernetzen, um die ambulant behandelbaren Fälle vor Ort, aber außerhalb der Notaufnahme zu versorgen. Der GKV-Spitzenverband hat für dieses Reformvorhaben ein Planungstool entwickelt, um geeignete Standorte für diese Integrierten Notfallzentren zu ermitteln. In diesem Beitrag werden die wesentlichen Aspekte des Planungstools des GKV-Spitzenverbandes vorgestellt.
Reform der Krankenhausversorgung: was vom ursprünglichen Vorschlag übrigbleibt und was die nächsten Schritte sind
Reinhard Busse und Christian KaragiannidisZwei Jahre nach der Veröffentlichung des Reformvorschlags der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung ist das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz im Dezember 2024 in Kraft getreten. Die drei Kernelemente des Kommissionsvorschlags waren (1) Einteilung der Krankenhäuser in bundeseinheitliche Versorgungsstufen (Level), (2) Gliederung der Krankenhausleistungen in Leistungsgruppen mit definierten Qualitätsanforderungen und (3) Änderung der Krankenhausvergütung in ein Zwei-Säulen-Modell durch Hinzufügen einer Vorhaltefinanzierung. Der Beitrag gibt einen Überblick, welche der ursprünglichen Reformvorschläge in welcher Form im Gesetz erhalten geblieben sind und welche nächsten Schritte im Rahmen der Umsetzung erforderlich sind.
Teil VI Krankenhauspolitische Chronik
Krankenhauspolitische Chronik
Dirk Bürger und Martina PurwinsDer Deutsche Bundestag, dessen Abgeordnete im Ausschuss für Gesundheit, das Bundesgesundheitsministerium, die Landesgesundheitsminister und der Bundesrat setzen jährlich neben den gesundheits- auch die krankenhauspolitischen Rahmenbedingungen. Benannte Expertenbeiräte der Bundesregierung, die Gesundheitsexperten der Parteien, diverse Verbände, die (Sozial-)Gerichtsbarkeit und Bundesbehörden sowie politiknahe und wissenschaftliche Institute prägen dabei die öffentliche Diskussion um diese Regelungen. Die Selbstverwaltungspartner auf Bundesebene nutzen die ihnen übertragenen Aufgaben zur vertraglichen Gestaltung, um die medizinische und pflegerische Versorgung in den Krankenhäusern anhand der aktuellen Anforderungen weiterzuentwickeln. Die „Krankenhauspolitische Chronik“ liefert eine Übersicht über alle wesentlichen Entscheidungen der Akteure der deutschen Gesundheits- und Krankenhauspolitik und informiert über die Aktivitäten in den vergangenen zwölf Monaten.
Teil VII Daten und Analysen
Statistische Krankenhausdaten: Grunddaten der Krankenhäuser 2023
Ute BöltDieser Beitrag fasst die Ergebnisse der Krankenhausstatistik zu den Grunddaten der Krankenhäuser für das Berichtsjahr 2023 zusammen. Er gibt einen Überblick über die sachlichen und personellen Ressourcen (z. B. Betten, Fachabteilungen, Personal) sowie die Inanspruchnahme von Krankenhausleistungen (Patientenbewegungen). Die Krankenhausstatistik ist eine seit 1991 bundeseinheitlich durchgeführte jährliche Vollerhebung. Auskunftspflichtig sind die Träger der Krankenhäuser.
Statistische Krankenhausdaten: Diagnosedaten der Krankenhäuser 2023
Sophia BehrensDie Diagnosen der Krankenhauspatienten bilden das gesamte vollstationäre Geschehen in den deutschen Krankenhäusern ab.Dieser Beitrag beschreibt die Ergebnisse der Diagnosedaten der Krankenhauspatienten für das Jahr 2023. Diese amtliche Statistik wird seit 1993 jährlich als Vollerhebung durchgeführt, alle Krankenhäuser in Deutschland sind auskunftspflichtig. Erfasst werden alle Patienten, die im Berichtsjahr aus der vollstationären Behandlung eines Krankenhauses entlassen werden. Im Jahr 2023 waren es mehr als 17 ,6 Mio. Patienten, damit ist die Fallzahl im Vorjahresvergleich leicht angestiegen.
Die Ergebnisse der Diagnosen werden nach wichtigen Indikatoren wie Hauptdiagnosen, Alter, Geschlecht und Verweildauer dargestellt. Aufgrund geschlechts- und altersspezifischer Morbiditätshäufigkeiten werden die Ergebnisse teilweise standardisiert und so um den demographischen Effekt bereinigt. Dadurch sind bevölkerungsunabhängige Aussagen möglich.